Die Drahtpyramide

In den Jahren des Sonnenfleckenminimums belebt sich das 80-m-Band, weil die Bereiche 10 und 15m dann nicht oder nur selten brauchbar sind. Dem DX-Spezialisten bietet sich gerade zu Zeiten des Sonnenfleckenminimums und auf 80 m manchmal gute Möglichkeiten. Diese kann er allerdings nur nutzen, wenn er eine geeignete Antenne besitzt.

Ein guter 80-m-Strahler benötigt leider viel Platz und hohe Aufhängepunkte. Die Mindestforderung wäre ein Halbwellenstrahler mit reichlich 40 m Spannlänge, der in der luftigen Höhe von mindestens 20 m über dem Boden schweben sollte. Selbst dann kann nicht in allen Fällen mit einer günstigen Abstahlung gerechnet werden, weil umliegende Hindernisse (insbesondere waagrecht verlaufende Drahtleitungen, Dachrinnen, Metallkonstruktionen usw.) den Strahler stark beeinflussen können. Es entstehen dabei unkontrollierbare Absorptionen und Reflektionen; die wirksame Antennenlänge erscheint gegenüber der geometrischen Länge stark verkürzt. Ein solcher Halbwellendipol weist dann keinesfalls mehr den theoretischen Eingangswiderstand von 60...70 Ohm auf, sondern einen wesentlich geringeren, 80-m-Strahler mit guten Strahlungseigenschaften sind daher bei Funkamateuren ziemlich selten zu finden.

Oft begnügt man sich bewußt mit verkürzten Behelfsausführungen und ist bemüht, die Verluste durch Leistungserhöhung auszugleichen. Wenig bekannt ist bisher eine Antennenform, die man als Drahtpyramide bezeichnen kann.

Schema
Das Schema der Drahtpyramide

Bei ihr reicht eine Aufbaufläche von etwa 14 * 14 m und ein etwa 13 m hoher Mast. Trotzdem handelt es sich um eine vollwertige Antenne mit guten Abstrahleigenschaften, die sich besonders für den 80-m-Betrieb eignet. Die gesamte Drahtlänge der Pyramide beträgt eine Wellenlänge. Die Antennendrähte wirken gleichzeitig als mechanische Abspannung für den Mittelmast. Der Verlauf des Antennenleiters und dessen Einspeisepunkte sind in folgendem Bild gesondert dargestellt.

Stromrichtungen
Leiterschema mit Stromrichtung für die Drahtpyramide

Man kann daraus erkennen, daß zwei gleichseitige Dreiecke mit je einer 1/6 Wellenlänge Seitenlänge bildet. Durch die Art der Speisung verlaufen die Ströme der dem Speisepunkt benachbarten 4 geneigten Drahtabschnitte gleichphasig (siehe Strompfeile). Die beiden waagrechten und erdbodennächsten 1/6 Wellenlänge-Abschnitte führen eine gegenphasige Stromverteilung, wobei in ihrer Mitte (Punkte A und B) Spannungsmaximum besteht. Daraus kann gefolgert werden, daß die horizontalen Drähte nur unbedeutend an der Strahlung beteiligt sind.

Das Strahlungsdiagramm zeigt eine Auffüllung in der Richtung A-B. Das Strahlungsminimum liegt rechtwinklig dazu. Maxima und Minima sind aber nicht sehr ausgeprägt, und man kann sagen, daß die Antenne nach allen Richtungen gut abstrahlt. Das Richtdiagramm und der Eingangswiderstand werden durch den Knickwinkel der Drähte, durch die Aufbauhöhe und durch die Erdverhältnisse beeinflußt. Der Eingangswiderstand liegt etwa zwischen 35 und 75 Ohm. Eine direkte Speisung mit Koaxkabel ist deshalb möglich. Die idealisierten Strahlungsdiagramme der Drahtpyramide wurden über ein Rechnerprogramm für unterschiedliche Aufbauhöhen ermittelt und in [54] veröffentlicht.

Der Antennenwirkungsgrad steigt mit der Aufbauhöhe. Eine Länge des Mittelmastens von 13 m und eine Höhe der waagrechten Drahtabschnitte von 3 m über dem Erdboden sind Mindestforderungen. Die Drahtpyramide ist sehr resonanzscharf (schmalbandig). Da sie außerdem über eine angepaßte Speiseleitung erregt wird, läßt sich die Antenne nicht mit den Abstimmitteln eines Antennenkopplers jeweils in Resonanz bringen. Sollte der Leistungsabfall an den Bandenden zu groß werden, so gibt es eine verhältnismäßig einfache Möglichkeit, die Resonanz den Bedürfnissen entsprechend zu verändern. Man legt dabei die Antennenresonanz in die Nähe des hochfrequenten Bandendes (z.B. 3750 kHz) und setzt die Resonanzfrequenz bei Bedarf durch Anklemmen je eines Drahtstückes an die Punkte A und B (Mittelpunkte der horizontalen Abschnitte) herab. Als Faustregel gilt, daß eine Verlängerung von je 45 cm die Resonanzfrequenz um 50 kHz vermindert. Es ist im allgemeinen ausreichend, die Antenne für eine Resonanzfrequenz von 3700 kHz zu bemessen.

Man kann damit gut im Telefoniebereich von 3600...3800 kHz arbeiten. Für Telegrafiebetrieb stimmt man die Antenne auf 3550 kHz um. Dazu wird mit einer Krokodilklemme je ein 1,35 m langer Drahtschwanz angebracht. Wer auf gutes Aussehen und besonders stabile Verhältnisse Wert legt, kann zwischen dem Mittelmast und den Punkten A bzw. B feste Leitungen verlegen, die alle 450 mm oder 900 mm durch Isolatoren unterbrochen sind. Mit Überbrücken der Isolatoren läßt sich die Resonanz in Intervallen von 50 kHz bzw. 100 kHz verändern.

Aufbau
Aufbau und Abmessungen einer Drahtpyramide (Resonanzfrequenz 3700 kHz)

Detailzeichnung
Detailzeichnung der Anschlüsse

Da die Punkte A und B im Spannungsmaximum liegen, müssen hochwertige Isolatoren zum Einsatz kommen. Für das Koaxialkabel empfielt sich eine Länge von einer halben Wellenlänge. Bei Kabel mit einem Verkürzungsfaktor von 0,66 beträgt die geometrische Länge 26,75 m. Ein Symmetrieren ist nicht unbedingt erforderlich. Der vorhandene Mittelmast läßt sich noch für weitere Antennensysteme nutzen.

Hinsichtlich der guten Eigenschaften einer Drahtpyramide kann noch hervorgehoben werden, daß wegen der geneigten Strahlerdrähte die Kopplung mit benachbarten waagrechten Netz- und Fernmeldeleitungen wesentlich geringer ist als bei einem horizontal aufgebauten Strahler. Dadurch wird die umgebungsbedingte Beeinflussung erheblich gemindert.

[54] Nitsche, W.: Datensammlung für Kurzwellenantennen, Franzis-Verlag, München, 1987

Die Texte und Bilder stammen teilweise aus "Rothammels Antennenbuch". Die Genehmigung des Authors liegt vor.


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